„Weine und dann steh auf und sei glücklich!“

Tod und Glück -
passt das zusammen?

Ja, wie?
Lassen Sie uns gemeinsam „suchen“.

Meine Freundin Claudia ist gestorben. Es kam nicht unerwartet, aber wie immer, wenn man einen Menschen liebt, zu früh. Ich kann natürlich verstehen, dass Gott sie bei sich haben will. Wer möchte schließlich ohne sie leben? Nicht einmal der Herrscher des Himmels und der Erden. Wo immer sie sich aufhielt, blühten Zuversicht, Lebensfreude, Lachen und Begeisterung. Hier war das so und ich bin überzeugt davon, dass es dort nicht anders ist.

Claudia war 33 Jahre, als sie an Brustkrebs erkrankte - eine lustige, junge Architektin, deren größter Wunsch es ist, ine Familie und Kinder zu haben. Doch das Schicksal wollte es anders. Immer wieder musste sie sich den schwersten Chemotherapien unterziehen, verbrachte Monate im Spital und verlor sechs Mal ihre schönen Haare. Schließlich bildeten sich in Leber und Knochen Metastasen. Nun drehte sich das Rad der belastenden Therapien immer schneller. Chemotherapie, ganz kurze Pause, wieder Chemotherapie. Schmerzen, manchmal erträglich, dann wieder nicht. Eingriffe, die zu qualvoll sind, um sie hier zu schildern.

Einen großen Teil ihres Lebens ging Claudia durch eine Hölle. Aber ihre Fröhlichkeit und Wärme erhellten das Leben aller Menschen, denen sie begegnete - auch meines. So verbrachte sie die Nacht nach einer Operation bei mir im Spital. Ich fühlte mich elend und sie hielt mich im Arm. Erst als der Morgen graute, legte sie sich in einem Notbett neben mir zur Ruhe.

Ihr Mut und ihre Kraft waren wie ein Licht, das den Weg erleuchtet. Auch als schon klar war, dass sie ihren Körper bald zurücklassen würde. Sie lag wieder einmal im Spital, als der Arzt ihr sagte, dass nun der Zeitpunkt gekommen sei, an dem sie entscheiden müsse, ob sie weiterkämpfen oder einfach nur Ruhe haben wolle. Ich saß an ihrer Seite und wir beide wussten, was diese Worte bedeuteten. Während mir die Tränen über die Wangen liefen, nahm sie meine Hand und sagte: „Sei nicht traurig. Ich wäre sehr gerne noch hier bei euch geblieben, aber ich habe keine Angst. Alles ist gut.“ In dieser schweren Stunde war s i e es, die mich tröstete. Am nächsten Morgen holte ihre Mutter sie nach Hause. Und nach einigen schlimmen Tagen schlief sie ruhig und friedlich in ihren Armen ein.

Claudias Todestag war auch der Tag, an dem mein Buch „Wie Heilung geschieht“ in einem großen Festakt präsentiert werden sollte. Ich saß weinend am Fenster und fühlte mich außerstande, den kommenden Abend durchzustehen. Meine tapfere, liebevolle Freundin war gerade gestorben - wie sollte ich eine Bühne betreten und über ein Buch sprechen? Doch plötzlich wurde ich ganz ruhig. Ich würde diese Präsentation zu einem Erfolg machen, weil ich wusste, dass Claudia sich genau das für mich gewünscht hatte. Immer wieder sagte sie zu mir: „Genieß jeden Augenblick, mein Mausilein. Hab Spaß, das ist so wichtig!“ Und mir war, als hörte ich ihre Stimme durch Zeit und Raum - sanft, und seltsam eindringlich.

Ich zog das extra für diesen Anlass gekaufte Minikleid(!) an, ließ Visagistenfreundin Siri an Gesicht und Haare und verließ das Haus. In mir spürte ich eine Freude, die so berauschend war, dass ich fast erschrak. Dann wusste ich warum: Claudia ging an meiner Seite. Sie hatte sich auf dieses Event gefreut und wollte unbedingt dabei sein. Als todkranke Frau hätte sie das nicht geschafft - nun war es möglich. Ich fühlte ihre Gegenwart, als ich die Menschen begrüßte, während der gesamten Veranstaltung und später beim Signieren der Bücher. Der Saal war so voll, dass nicht alle Leute Einlass fanden, aber viele Menschen erzählten mir später, sie hätten eine unglaubliche Atmosphäre von Liebe im Raum gespürt.

Am nächsten Tag sprach ich mit ihrer Mutter. Diese Frau, die ihr Kind beim Sterben begleitet hatte, sagte mir: „Der Krebs konnte ihren Körper besiegen, aber nicht ihre Seele. Und als sie gegangen war, lag ein Lächeln auf ihren Lippen. Sie war so wunderschön, dass es mir fast den Atem nahm.“

Als sie wusste, dass sie sterben würde, plante Claudia ihre Beerdigung. Ein Paar aus der Tangogruppe sollte tanzen und niemand dürfe schwarz tragen. Ach Claudia, was tust du mir da an? Wir haben doch immer darüber gescherzt, dass ich fast ausschließlich schwarze Sachen habe. Weißt du noch?

Als ich ihrer Mutter von der seltsamen Ruhe erzählte, die ich am Abend der Buchpräsentation empfunden hatte, war sie überhaupt nicht erstaunt: „ Ich weiß, dass Claudia bei Ihnen war. Wir haben vorher darüber gesprochen. Und wenn Sie in Zukunft Angst haben oder traurig sind, wird sie für Sie da sein.“ Ich konnte vor Weinen kaum atmen und sie war gefasst, fast fröhlich.

Seit ihrem Tod fühle ich mich nicht geschwächt, sondern als ob ein Teil ihrer unglaublichen Kraft auf mich übergegangen wäre. Auf undurchschaubare Weise ist mein Vertrauen gewachsen und die Angst hat sich verringert. Auch ihre Familie empfindet so. Ach Claudia, was hast du bloß mit uns gemacht? Meine geliebte Freundin, ich verspreche dir glücklich zu sein. Dazu hast du mich unermüdlich aufgefordert. Als vor Jahren die schlimmen Panikzustände mich gefangen hielten, sahst du mich an und sagtest: „Ich sehe keine Haifische da draußen auf der Straße. Du vielleicht?“

Ich bin so froh, dass sie sich zumindest einen Traum erfüllen konnte: Eine Woche fuhr sie auf einem Delfinforschungsboot durch das Mittelmeer. Sie liebte diese sanften Meerestiere und auch Wale über alles und empfand sie als seelenverwandt. Nun weißt du ja, ob das stimmt, meine Süße. Und auch, ob das Geschehen beim Sterben so abläuft, wie wir das immer besprochen haben. Schweben wir wirklich durch einen Tunnel? Begegnen wir diesem überirdisch schönen Licht?

Heiß Gott uns willkommen und feiern alle, die schon bei ihm sind? Ich w e i ß einfach, dass es bei deiner Ankunft ein Riesenfest gab. Und dass alle dich dort lieben, so wie wir es hier getan haben. Ich freue mich unendlich auf unser Wiedersehen. Du bist jetzt zu Hause und ich werde nachkommen. Aber vorher muss ich noch deinen tiefen Wunsch für mich erfüllen - lachen und das Leben leicht nehmen! Ruh dich aus, meine Freundin. Denn wenn ich hinauf komme, werden wir unendlich viel Spaß haben. Wie das geht, hast du mir schließlich beigebracht. Und ich will zeigen, was ich von dir gelernt habe.

Manchmal ist das Leben schwer oder geradezu unerträglich. Sie können nicht mit dem Menschen zusammen sein, den Sie lieben, werden im Beruf gemobbt oder leiden an einer ernsten Erkrankung. Möglicherweise sind Sie auch nicht schwer krank, aber die Symptome reichen aus, um Ihnen die Lebensfreude zu nehmen. Vielleicht müssen Sie nicht unmittelbar unter die Brücke ziehen, aber die Knappheit an Geld ist ständig in Ihren Gedanken präsent. Es kann auch sein, dass Einsamkeit so bedrückend ist, dass sie sich wie eine dunkle Wand zwischen Sie und die Welt schiebt. Oder jemand ist gegangen - einfach nur weg von Ihnen oder durch eine Türe in die nächste Welt. Wenn Sie glauben, es geht nicht mehr, denken Sie bitte an Claudia. Sie hat uns einen Weg gezeigt, trotz größter Herausforderung zu lächeln. Seien Sie also mutig, zuversichtlich und glücklich.

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